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Geschichte der Messerschmiede Leegebruch

Am 1. August 1946 wurde die Messerschmiede Leegebruch gegründet.

   

Das geschah zuvor:
In Nixdorf im Sudetenland (jetzt Mikulasovice/Tschechien), eine Gemeinde mit 6704 Einwohnern (1945), wurde 1794 die erste Messerfabrik gegründet. Weitere Fabriken folgten. Bis 1918 waren in Nixdorf die größten Stahlwaren- und Messerfabriken Österreichs.
1938 wurde die Nixdorfer Stahlwarenindustrie der damaligen Fachgruppe „Schneidwarenindustrie Solingen“ angegliedert und man war sehr erstaunt, in Nixdorf eine so hochentwickelte, spezialisierte und durchorganisierte Industrie vorzufinden. Das Ende kam 1945. Die Fabriken und Betriebe wurden von den Tschechen enteignet und verstaatlicht und fast alle Deutschen aus ihrer Heimat vertrieben.
Auch die Nixdorfer Messerfachleute wurden über ganz Deutschland verstreut. Alle mussten sich mit ihrem Fleiß und ihrer Tüchtigkeit in der Fremde neu bewähren.
1945 war es für die gesamte deutsche Bevölkerung sehr schwer wieder von vorn anzufangen.
Herr Josef Kittel und Herr Josef Münzberg als ehemalige Häftlinge des KZ-Dachau, organisierten im Herbst 1945 die Transporte nach Deutschland. Es waren für 1946 zwei Transporte vorgesehen, die aber nur für anerkannte Antifaschisten zur Verfügung gestellt wurden. Vier Familien erhielten einen Güterwagen in dem sie ihr wichtigstes Hab und Gut mitnehmen konnten.
Keiner wusste wohin die Fahrt ging.
Nach einem einwöchigen Aufenthalt in Bad Schandau erfolgte die Aufteilung auf die verschiedenen Orte in Deutschland.

Der Neubeginn

Keiner der Vertriebenen hatte wohl jeweils den Gedanken eine Messerfabrik aufzubauen. Doch zwei Dinge gaben den Anstoß.
Einmal beherrschten die Vertriebenen das Messerhandwerk, und weiterhin wurde Ihnen Wohnraum und ein Grundstück in Leegebruch zur Verfügung gestellt.
Dies war der Grundstock für die Gründung einer Produktionsstätte, die auf dem zur Verfügung gestellten Gelände am Ortseingang von Leegebruch entstand.
16 Vertriebene hatten sich zusammengefunden und gründeten am 01.08.1946 die „Genossenschaft der Messerschmiede Leegebruch„ („GML“).
Die Gründungsmitglieder, die für den erfolgreichen Betrieb ihre ganze Kraft eingesetzt haben, waren: Wenzel Pelinka, Max Hering, Josef Höhne, Franz Scholz, Johann Scheffler, Josef Pelinka, Marta Kumpf, Rosa Ehrlich, Josef Münzberg, Alfred Funke sen., Josef Hensel, Karl Ulrich, Anton Lißner, Josef Kittel sen. und Josef Kittel jun..
Als Anfangskapital wurde von jedem Mitglied ein Eigenanteil von 300,- Mark eingebracht.
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*Anmerkung am Textende beachten.
Herr Josef Kittel wurde zum Geschäftsführer der Genossenschaft gewählt.
Die Brandenburger Landesregierung und die Kreisverwaltung sicherten dem neu entstehenden Betrieb Unterstützung zu. Unter recht schwierigen Bedingungen durfte Material aus den Trümmern der Heinkelwerke geborgen werden, zuerst Barackenteile für den Aufbau einer Produktionsstätte. Weiterhin wurden aus den Trümmern noch brauchbare Maschinen und Werkzeuge wie: Pressen, Motore, Antriebswellen und Schleifgeräte, aber auch Stahlblech, Aluminium und Hartholz geborgen. Alles Dinge, die für die Messerproduktion benötigt wurden.
Bereits im November 1946 begann die Genossenschaft unter primitiven Voraussetzungen mit der Produktion von Küchenmessern und Bestecken. Als Lohn für die erbrachten Leistungen wurden die Produkte an die Werktätigen vergeben, die diese dann bei den Bauern gegen Naturalien eintauschten bzw. verkauften.
Erst als der Betrieb Gewinn erarbeitete, konnten Stundenlöhne zwischen 0,80 bis 1,00 Mark gezahlt werden.

Das Warenzeichen „GML“ erlangte erstmals internationalen Ruf und handelspolitische Bedeutung für die DDR. Das erste Exportland, die Volksrepublik China, bestellte 1951 600.000 Stück Taschenmesser mit einem Volumen von 1.950.000,- Mark.
Anfang 1953 waren bereits 252 Beschäftigte tätig, davon waren 69 Mitglieder der Genossenschaft und 18 Lehrlinge. Der Anteil von männlichen Beschäftigten betrug 145, weibliche Beschäftigte 107.
Der Jahresumsatz 1952 betrug 2.410.000,- Mark. Das Anlagevermögen hatte sich von 1947 bis 1954 verzehnfacht.
Die Gründungsgeneration hatte ihre Bewährungsprobe ehrenhaft bestanden, die Aufgaben zuverlässig gemeistert und das Wichtigste war, über 250 Einwohnern von Leegebruch Arbeit und Brot gegeben.

Aber 1956 wurde von den Genossenschaftlern eine schwere Entscheidung abverlangt. Die Genossenschaft sollte zunächst verstaatlicht und in einen volkseigenen Betrieb mit der Bezeichnung:
„VEB (K) Messerschmiede Leegebruch“ umgewandelt werden.
Ein harter Kampf begann. Aber erst nachdem der Betrieb vom Staat bedroht wurde, in dem Materialien und Hilfsstoffe nicht mehr bilanziert wurden, und Kredite gesperrt werden sollten, erfolgte die Zustimmung der Genossenschaftler. Eine Belegschaft von 320 Beschäftigten, davon hatten 102 Mitglieder der Genossenschaft die Entscheidung zu treffen. Ein schwerer Schlag, den viele nicht verstanden haben. Trotzdem setzten sie alles in Bewegung den Betrieb weiter zu erhalten.
Mit der Einführung der „Neuen Technik“ wurde schwunghaft die weitere Entfaltung der Produktionskräfte des Betriebes erreicht. Die gewachsene Leistungsfähigkeit von Wissenschaft und Technik bot die Möglichkeit, von der Modernisierung schrittweise zur Automatisierung überzugehen.

Zum festen ausländischen Kundenkreis zählten, neben den sozialistischen Ländern wie: UdSSR, CSSR, Ungarn und Jugoslawien auch die kapitalistischen Länder wie, die Schweiz, Niederlande, Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen, USA und die Bundesrepublik Deutschland. Die Exporte machten es möglich, den Betrieb wirtschaftlich weiter zu stärken. Durch die erzielten Gewinne konnten materielle und finanzielle Mittel für den Ort zur Verfügung gestellt werden.
So wurde mit der Schule ein Patenschaftsvertrag abgeschlossen, der im Rahmen des polytechnischen Unterrichts, den Schülern die ersten handwerklichen Fähigkeiten in der Produktion vermittelt hat.
Weitere Unterstützung erhielten: der Leegebrucher Sportverein, der Kulturverein, die Freiwillige Feuerwehr, der Kindergarten sowie weitere Vereine.
Auf Grund der hervorragenden Leistungen der Produktionspalette wurde der Betrieb dem „Kombinat Haushaltsgeräte“ mit Sitz in Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz, zugeordnet. Mit der Eingliederung in das Kombinat musste der Betrieb das Warenzeichen „FORON“ beantragen.
Freude und Stolz über die ihrer Arbeit beigemessene hohe Anerkennung, erfüllte die Werktätigen, als 1971 dem Betriebskollektiv in Würdigung seiner hervorragenden Leistungen der Orden „Banner der Arbeit“ vom Staat verliehen wurde.
Ein fester Bestandteil zur Entwicklung des Handelsvolumens war die Teilnahme an den Leipziger Frühjahrs- und Herbstmessen. Weiterhin erhielt der Betrieb 1981 für die sehr gute Qualitätsarbeit bei der Einführung des Jagdmessersortiments das begehrte Leipziger „Messegold“.
Da die Jagdmesser von hoher Qualität waren, wurden diese von der Staatsführung als Präsente an hohe Persönlichkeiten wie Franz-Josef Strauß Ministerpräsident von Bayern, Siegmund Jähn erster deutscher Kosmonaut, Leonid Breshnew Staatspräsident der UdSSR vergeben, um nur einige zu nennen.

Um die vom Kombinat gestellten Aufgaben zu erfüllen, wurden weitere Möglichkeiten zur Produktionssteigerung gefunden. So wurde die Messerschmiede Kooperationspartner für den „Leuchtenbau“ Berlin.
In folgenden Außenstellen wie, den Haftanstalten Oranienburg, Neuruppin, Neustrelitz und Brandenburg wo Langfeldleuchten montiert wurden. Allein in Leegebruch wurde dafür eine Produktionsabteilung mit ca. 30 Werktätigen geschaffen. Außerdem war der Betrieb im Rahmen der Konsumgüterproduktion Zulieferer für mehrere Betriebe der DDR, unter anderen auch für die LEW Hennigsdorf.
1983 konnte der gestiegene Bedarf an Taschenmessern nicht mehr gedeckt werden. Die Produktions-kapazität reichte nicht mehr aus, die Leistungsreserven waren erschöpft. Die gestellte Aufgabe, ein neues Taschenmessersortiment mit hohen Qualitäts- und Gebrauchseigenschaften zu entwickeln und zu produzieren, wurde durch den „Plan Neue Technik“ gelöst. Dadurch fand eine totale Umgestaltung der Produktion statt. Das Kombinat stellte mehrere Millionen Mark an Devisen zur Einführung hochmoderner Automatisierungstechnik, zur Verfügung. Fachkräfte mussten ausgebildet und Arbeitsplätze völlig neu eingerichtet bzw. umgestaltet werden, um die neue Technik produktionswirksam zu machen.
Durch den Einsatz von Feinschneidpressen, Schleifroboter, Gleitschleifautomaten, Schutzgashärteöfen und Montiervorrichtungen konnte der Produktionsumfang den Anforderungen angepasst werden.

Aufträge aus der Schweiz und den USA sowie der BRD (Fa. Henkel Solingen, Jagd- und Waffenfrankonia Würzburg) wurde ein fester Bestandteil der Produktion. Die Leegebrucher Qualität erwies erneut Tradition, denn sämtliche neu entwickelten Erzeugnisse erhielten das Gütezeichen „Q“.
Höchste Anerkennung erfuhren die Leistungen der Werktätigen, als dem Kollektiv des Betriebes am 7.10.1984 der „Karl-Marx-Orden“ verliehen wurde.

Jede Auszeichnung des Betriebes war für die Werktätigen ein weiterer Ansporn, denn es wurden finanzielle Mittel, die in Form von Prämien ausgezahlt wurden, zur Verfügung gestellt. Nach 40 Jahren des Bestehens waren 265 Beschäftigte, darunter 133 Frauen und 30 Jugendliche in der Messerschmiede tätig.
Die Technik ist nicht mehr vergleichbar mit der des Beginns. Die Arbeit wurde zwar leichter, aber sie erforderte umfassendes und tieferes spezifisches Wissen zur Beherrschung der Technik und der neuen Technologien. 10 Beschäftigte hatten einen Hoch- bzw. Fachschulabschluss erworben, 9 Beschäftigte haben die Meisterqualifikation erlangt und 177 Beschäftigte wurden zu Facharbeitern qualifiziert.
Der Betrieb hatte einen festen Stamm an Erfindern und Rationalisatoren, die Großes vollbracht haben, und ein Kollektiv was sich für den Betrieb einsetzte.
Mit dem 9. November 1989 wurde eine neue Epoche eingeleitet. Im Betrieb verfolgten alle Arbeiter am Arbeitsplatz gespannt, aber mit Ruhe und Besonnenheit, die weitere Entwicklung.
Die Messerschmiede Leegebruch GmbH wurde ab 1.07.1990 Rechtsnachfolger des VEB Messerschmiede Leegebruch.

Die Verwaltung lag in den Händen der Treuhand.
Am 04.09.1990 wurde bei der zuständigen Behörde ein Antrag auf Rückgabe (Restitution) der Firma Messerschmiede Leegebruch an die früheren Inhaber gestellt. Diese hatten sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen.
Dieser Antrag auf Rückgabe wurde abgelehnt.

Bereits 1991 erfolgten die ersten Entlassungen. Angst und Sorge um den Arbeitsplatz bei den Beschäftigten war die Folge. Am 14. Februar 1991 verkaufte die Treuhand die Geschäftsanteile der Messerschmiede Leegebruch GmbH zu 100% an die Firma Siegfried Schumacher GmbH Gummersbach. Am 17.06.1991 beschloss die Gesellschaftsversammlung den Firmennamen auf „Adler Messer GmbH“ zu ändern.
Nach der Deutschen Einheit wurde die freie Marktwirtschaft spürbar. Der Betrieb musste weitere Entlassungen durchführen.
Von 1994 bis 1997 erfolgte schrittweise die Auslagerung von Produktionsabschnitten nach Mikolasovice in Tschechien, die eine weitere Reduzierung von Arbeitskräften nach sich zog. Jetzt findet keine Produktion von Schneidwaren in Leegebruch mehr statt.
Mit dem Verkauf von Gebäuden und Grundstücken entstand auf dem Gelände ein Gewerbepark, in dem sich klein- und mittelständische Betriebe ansiedelten. So entstanden: die Firma „Artec“ (Armaturen u. Anlagebetrieb), der Supermarkt „Lidl“, Schweiß- u. Schlossereibetrieb, Reifenservice, Hausmeisterzentrale Jüstel, „Europasta“ (Frischnudel und Pasten), Heizung- und Sanitär, ein Malerbetrieb sowie ein Rechtsanwaltsbüro. Durch diese Ansiedlung konnten ca. 180 Arbeitsplätze auf dem Gelände geschaffen werden.
Die Messerschmiede Leegebruch hatte in den Jahren von 1946 bis zum Verkauf 1991, als größter Betrieb von Leegebruch, einen erheblichen Anteil an der sozialen und kulturellen Gestaltung des Ortes, und wurde durch die hervorragende Entwicklung über Ländergrenzen hinaus bekannt. Im Jahre 2001 erfolgte der Abriss der Hauptgebäude durch die Supermarktkette „Lidl & Schwarz“.

Mit freundlicher Genehmigung vom Geschichtsverein Leegebruch e.V.:

http://www.leegebruch.info/messerschmiede.html

 * Anmerkung:

Die Höhe eines Firmenanteils betrug laut Gründungsprotokoll von 1946 150,00 Reichsark.

Dieser Betrag wird nochmals in einer Denkschrift 1954 aufgeführt, Verfasser war ein Herr Scheffler.

Der Firmenanteil durfte damals auch in Raten erworben werden.

Herr K. aus Leegebruch ist in Besitz dieser Schriftstücke.

Wir hoffen dazu demnächst einen Beleg per Mail zu bekommen.


 

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